Deutschland und andere Länder mit Anna Lassonczyk

Transkript

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#12 Radiointerview: Welchen Ruf haben Deutsche international?                     Typisch Deutsche Eigenschaften und Deutsche im Urlaub

Sie kommt viel rum in der Welt, die interkulturelle Trainerin Anna Lassonczyk, die heute hier zu Gast ist, bei Antenne Mainz.

In welchem Land der Welt warst Du noch nicht? Ist vielleicht die einfachere Frage.

In vielen. Es gibt so viele interessante Plätze auf der Welt. Was demnächst ansteht, ist Japan. Mein Freund ist ein Mexikaner, der lebt aber in San Diego und wir haben uns in Thailand kennengelernt. Wir verbringen die Zeit meistens irgendwo anders, zum Beispiel in Italien oder so. Es ist verrückt wo ich überall hinreise.

Wenn Du Urlaub machst, das ist ja eigentlich Fortbildung für Dich, oder?

Ja, also meinen Urlaub verbinde ich meistens irgendwie. Es ist Leben pur. Ich spreche dann auch im Urlaub die Menschen an und befrage die. Es ist schon verrückt.

ach guck mal, auch Deutsche. Ist das ein deutsches Phänomen, oder geht das mit allen Nationalitäten?

Also Deutsche fallen auf.

Gut sie verreisen natürlich auch extrem viel.

Ja. Die können sich das auch erlauben. Deswegen ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass irgendwo im Ausland gerade jemand aus Deutschland kommt. Viele andere Länder haben einfach nicht die finanziellen Mittel, um so viel zu reisen, wie das in Deutschland der Fall ist.

Und ich muss jetzt sagen, ich stelle auch fest, dass, wenn man als Deutscher unterwegs ist, man eigentlich auch tatsächlich gern gesehen ist. Hängt das jetzt nur am Geld, oder…?

ach ich mag jemanden aus Deutschland, oder nicht. Das hängt also sehr von den persönlichen Vorlieben ab. Wofür Deutsche sehr bewundert werden, ist dann teilweise auch die Pünktlichkeit, die Genauigkeit, die Verlässlichkeit und Verbindlichkeit, dass Menschen sich auf uns verlassen können. Was nicht so gerne gesehen wird, ist teilweise dieses reserviert sein. Man sagt die Deutschen sind ziemlich kühl und ernst. Ich habe die Erfahrung gemacht, wenn ich irgendwo im Ausland bin und gefragt wird: „where are you from, woher kommst Du?“ Und ich sage: „aus Deutschland“, dann kommt sowas wie: „Oh, okay“. Und wenn ich sage „aus Polen“, dann kommt: „Ah ja! Jaja!“. Also irgendwie werde ich dann viel herzlicher begrüßt. Also wirtschaftlich wird Deutschland sehr geschätzt, persönlich fehlt meistens irgendwie die Wärme und die Herzlichkeit.

Joa, da können wir ja dran arbeiten. Ich war jetzt zum ersten Mal einen längeren Urlaub in Frankreich. Und man hört natürlich Vorurteile, zum Beispiel dass man mit Englisch nicht vorwärtskommt und all diese Sachen. Ich habe genau das Gegenteil erlebt. Ich habe weltoffene Menschen gesehen und die haben gesehen ich kann kein Französisch. Sie haben schon erkannt, da kommt ein Deutscher der jetzt mit mir Englisch redet und dann haben die auch mit mir Englisch geredet. Und ich muss echt sagen ich bin positiv beeindruckt und es ist ein extrem freundliches Land. Das heißt man will in ein Geschäft gehen, da sieht jemand man kommt, hat irgendwas in die Hand und hält die Tür auf. Kenne ich jetzt aus Deutschland nicht zwingend. Gibt’s auch, aber da ist mir das ganz oft passiert, wo ich sage das hat mir wirklich gut gefallen.

Ja. Ich glaube das liegt daran, dass Du nicht wirklich typisch deutsch bist. So wie Du in den Wald rufst, so schallt es auch zurück. Wenn Du mit der Einstellung rangehst, dass Du einfach gerne gesehen wirst und dass die Menschen Dir helfen. Wenn Du eine positive Art an den Tag legst und Respekt, Wertschätzung und Dankbarkeit für die Hilfe zeigst, dass Du das nicht forderst, sondern Dich einfach freust, wenn Dir jemand nett begegnet, genau das empfängst Du. Also das ist unsere selektive Wahrnehmung. Das worauf wir uns einstellen, das nehmen wir verstärkt war.

Aber das ist doch auch ein bisschen so das Ziel, wenn ich reise. Wenn ich in ein anderes Land komme, dann möchte ich möchte Dinge sehen. Klar ich möchte vielleicht auch an den Strand, aber ich möchte auch so ein bisschen mehr. Ich möchte was über den Menschen erfahren oder ich möchte irgendwas sehen. Also ich kann mich teilweise auf irgendeinen Platz setzen, zum Beispiel in Spanien, Italien, da könnte ich stundenlang sitzen und zugucken.

Ja, das bist Du. Deswegen verstehen wir uns auch sehr gut. Ich kenne auch Deutsche, die dann in einen Cluburlaub fahren, mit einem Zaun, mit all inclusive und die mit den Menschen dort nichts zu tun haben wollen. Aber das Geschäft boomt. Also ich bin auch eher für Abenteuerurlaub und dafür alles auf eigene Faust zu machen.

Es ist ja noch nicht mal Abenteuer, es ist ja eigentlich, ich sag mal so ein bisschen Unsicherheit, weil man sich natürlich in einer fremden Umgebung bewegt. Aber tatsächlich so wie Du sagst, wenn Du halt ein bisschen naiv freundlich fragst, ich habe das noch nirgendwo auf der Welt erlebt, dass man wirklich blöd behandelt wird.

Ja. Das liegt aber tatsächlich auch an Dir und Deiner Einstellung.

Okay.

Also wenn Du den Menschen auf der gleichen Augenhöhe begegnest, das spüren sie und sind dann Dir gegenüber dann auch sehr offen, freundlich und herzlich.

Ist das dann auch so eine Grunderfahrung aus Deiner Arbeit mit den vielen Menschen? Letztendlich, ja wie der Deutsche sagt, gesunder Menschenverstand?

„Menschen auf der ganzen Welt sind mit den gleichen Problemen konfrontiert, sie haben aber nur andere Lösungen und Antworten auf die Probleme gefunden“. Uns verbindet als Mensch sehr viel. Und wenn ich den Menschen mit Respekt, Freundlichkeit und Neugier begegne, und dann teilweise auch die Unterschiede mit einer wertschätzenden Art thematisiere, dann sind die Menschen offen.

Ja und lächeln funktioniert überall auf der Welt, das ist glaube ich universal, das funktioniert immer.

Genau.

Volker Pietzsch im Gespräch mit Anna Lassonczyk, hier bei Antenne Mainz.