Deutschland und andere Länder mit Anna Lassonczyk

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#9 Radiointerview: Was sind die häufigsten "Fettnäpfchen" der Deutschen international?                                                                                        Kulturelle Unterschiede in den Geschäftsbeziehungen

Im Umgang mit Menschen aus anderen Ländern kann man eine Menge Fehler machen. Über das und viel mehr spreche ich heute mit Anna Lassonczyk. Sie ist interkulturelle Trainerin und hier zu Gast bei Antenne Mainz.

Lass uns doch mal über die Fettnäpfchen reden. Also ich meine so ein paar Sachen hört man ja immer wieder. Das heißt es gibt Länder, da muss man aufpassen, wie man die Visitenkarte übergibt.

Oh ja, das ist das Klischee.

Oder ist es gar nicht so?

Jaja, es ist so. Also im asiatischen Raum, besonders in Japan und China. Es ist eine Art von Wertschätzung, die wir jemandem zeigen. Die Visitenkarte ist dann so wie die Seele. Also wenn wir das mit beiden Händen annehmen, in einigen Kulturen.

Also „ach wie hässlich“ oder sowas darf man dann nicht sagen, dann wäre es vorbei, ja?

Auf jeden Fall sehr achtungsvoll betrachten, angucken und nicht irgendwie schnell wegstecken. Das ist ein Zeichen. Je mehr Zeit ich mir nehme um die Visitenkarte anzugucken, desto wichtiger ist mir die Person. Das ist eine Art Respekt zu zeigen, dass mir jemand wichtig ist und dass ich das ernst meine, dass die Visitenkarte nicht irgendwie nur so ein Blatt Papier ist.

Jetzt bin ich so jemand, der schnell was vergisst. Und wenn ich jemanden kennengelernt habe, der gibt mir seine Visitenkarte, ich mache mir dann gerne auch eine Notiz auf der Karte. Dürfte ich in diesem Fall wahrscheinlich bei einem Asiaten niemals machen, oder?

Je nachdem, also auf jeden Fall würde ich das mit beiden Händen sehr wertschätzen. Sie nehmen und einfach so draufschreiben… naja…

Kann ich dann machen, wenn ich alleine bin, ja?

Genau.

Was sind denn die schlimmsten Fettnäpfchen? Fangen wir mal bei uns an. Was kann ich denn in Europa so alles falsch machen, wenn ich unterwegs bin?

Oh, jede Menge. Es gibt diese Ähnlichkeitsfalle, wo wir denken, naja die Nachbarn können nicht so anders sein. Nehmen wir zum Beispiel Österreich und Deutschland. Wir haben zwar die gleiche Sprache, wenn auch mit einem anderen Dialekt, aber die Art und Weise wie wir Geschäfte machen, ist unterschiedlich. In Österreich sind wir viel schneller beim „Du“ in Unternehmen. Die Hierarchien sind viel flacher, da zählt der Mensch und die Beziehung im Berufsleben viel mehr. Vielleicht liegt es daran, dass Österreich flächenmäßig kleiner ist und die Beziehungen der Menschen zueinander viel wichtiger sind, als es in Deutschland der Fall ist. Aber da sind die Deutschen eher die Exoten in weltweiter Betrachtung, weil in Indien oder China, die viel größer sind als Deutschland, zählen die Beziehungen auch mehr. Wenn wir das Wort „Geschäftsbeziehung“ nehmen, dann ist in Deutschland eine Geschäftsbeziehung immer noch ein Geschäft. Daten, Fakten, Zahlen, wir unterschreiben zuerst einen Vertrag. Und wenn alles gutgegangen ist und der Anlass sehr wichtig ist, dann können wir eventuell danach anstoßen

Aber dann muss es schon richtig gut laufen, ne?

vertrauen wir der Person nicht? Es ist dort einfach nicht nötig.

Wann brauchen wir einen Vertrag? Wir brauchen einen Vertrag immer dann, wenn die Zusammenarbeit nicht funktioniert. Somit ist für mich jede Art von Vertrag auch negativ besetzt. Wir regeln Dinge, für den Fall, dass etwas schiefgeht. Viel schöner ist, würden wir uns darauf bemühen das so zu machen, dass es nicht schiefgeht.

Sie fallen zu früh mit der Tür ins Haus. Das heißt sie kommen zu schnell zum Punkt, reden, wollen das Geschäftliche aus Zeiteffizienz regeln, ohne dass die Beziehungsebene stimmt. Sie sind oft zu direkt und wenn wir zum Beispiel jemanden nach Feedback fragen, dann fangen die Deutschen mit dem Negativen an, was schiefgelaufen ist. Die Sandwichtechnik ist in Amerika dann viel angebrachter. Oder sogar im asiatischen Raum, also Japan, China, wo die dann sehr indirekt kommunizieren, würden wir viele Sachen loben und das was nicht gestimmt hat, würden wir einfach auslassen. Und wenn jemand so fein getunte Augen hat, merken die, dass wir was ausgelassen haben. Also dieses mit der Tür ins Haus fallen ist der erste Fehler.

so, jetzt fangen wir mal an.

Genau. In Deutschland sind das ungefähr fünf bis zehn Minuten und in den arabischen Ländern sind das drei Tage miteinander Golf spielen, ohne das Wort Geschäft irgendwie in den Mund zu nehmen.

Ja gut, dann weiß man natürlich auch, wenn man drei Tage etwas mit jemandem unternommen hat, was da menschlich vielleicht auch passt oder nicht passt. Ist vielleicht sogar die klügere Variante.

„Gott gab dem Westen die Uhren und dem Osten und dem Süden die Zeit“. Ja, die haben es nicht so eilig. Und sie schätzen die Qualität der Beziehungen viel mehr. Es gibt auch Bücher über Themen wie: Worüber beklagen sich die Menschen oder was bereuen die Menschen am Sterbebett. Und kaum jemand hat bereut, dass er zu wenig Zeit im Büro verbracht hat oder dass er geschäftlich nicht vorangegangen ist. Sondern es sind eher die Beziehungen zu Menschen, die uns dann fehlen. Und das haben die anderen Kulturen schon viel früher begriffen.

Naja und es gibt ja auch immer diese Effizienzuntersuchungen und man stellt fest, je weniger die Zeit in einem Unternehmen kontrolliert wird, umso mehr Kaffeepausen zugelassen werden, umso größer der Freiraum ist, umso effizienter werden die Unternehmen.

Ja, weil die aus eigener Vorliebe oder aus eigenem Willen etwas machen.

Ja und manchmal mache ich dann in sechs unkontrollierten Stunden mehr Arbeit, als in acht kontrollierten.

Ja.

Gleich geht’s weiter im Gespräch mit Anna Lassonczyk, hier bei Antenne Mainz.